Feldpostbriefe aus dem 2. Weltkrieg – Digitalisierung und historische Forschung

Er hatte niemals einen hohen Rang beim Militär, der Krieg ansich und die Politik interessierte ihn herzlich wenig. Das was Anton Steinacher aber wirklich wichtig war, war seine Familie, Freunde und seine Heimat. Mit kaum vorsteller Hoffnungs- und Willenskraft hat er es geschafft, den 2. Weltkrieg in zahlreichen Einsätzen, an vielen Fronten und unzähligen Gefechten, zu überleben um Ende 1945 in die Heimat zurück kehren zu können. In 38 Feldpostbriefen wird sein Weg durch den Krieg von 1940 – 1945 beschrieben. Dies ist seine Geschichte.

anton steinacher feldpostbriefe
Abbildung (rechts): Obergefreiter Anton Steinacher

Eine Website, die eine fesselnde Kriegsgeschichte erzählt

Markus Steinacher hat im Rahmen von Entrümpelungsarbeiten auf einem Dachboden in Breitenfurt bei Wien in einer Holzkiste 38 originale Feldpostbriefe aus dem 2. Weltkrieg gefunden. Diese Briefe stammen von seinem bereits verstorbenen Großonkel Anton Steinacher, der nach dem 2. Weltkrieg noch ein langes Leben führen konnte. Dies hat er, wie er es selbst oftmals in den Briefen beschreibt, seinem unendlichen Glück zu verdanken und seinem ungebrochenen Willen, wieder gut erhalten in die Heimat zurück zu kommen.

In der Tat hatte er viel Glück, beispielsweise rettete ihm nicht nur eine strategische Fehlentscheidung von Adolf Hitler sein Leben. Insofern lässt sich schon fast von göttlicher Fügung sprechen und behaupten, dass Adolf Hitler’s Dummheit dafür gesorgt hat, dass Anton Steinacher am Leben blieb. Zwei strategisch wirklich bedeutende Ereignisse / Umstände sind hier zu erwähnen:

  1. Als großer strategischer Fehler kann Adolf Hitlers Truppenspaltung der Heeresgruppe A (Süd) von der nördlich gelegenen Heeresgruppe B (Nord) im Rahmen der deutschen Sommeroffensive 1942 angesehen werden. Durch eine Fehleinschätzung der sowjetischen Truppenstärke änderte Hitler seinen ursprünglichen Plan (sich zunächst nur auf Stalingrad zu konzentrieren) und lies die Heeresgruppe A mit der 1. Panzerarmee Richtung Süden (Kaukasus) abdrehen. Genau in dieser Armee, in der 257. Infanterie-Division, hat sich Anton Steinacher befunden. Zu seinem Glück wurde seine Division im August 1942 ins noch ruhige Frankreich verlegt. Ein fataler Fehler des Oberkommandos (im Herbst / Winter 1942 fehlten zahlreiche Truppen und andere Ressourcen (zB Treibstoff, warme Kleidung, …) an der Ostfront) und zugleich ein Segen für die Männer der 257. Infanterie-Division.
  2. Ein Jahr später, im Sommer 1943, war Anton Steinacher zum bereits dritten Mal in der Ukraine und wurde bei einem Gefecht in der Nähe von Ijsum verwundet. Er bediente gerade das Maschinengewehr in einem Schützenpanzer, als eine Granate den Panzer lahmlegte und ein Granatsplitter unter dem linken Schulterblatt im Rücken stecken blieb. Er konnte zu Fuß fliehen und sich zum Truppenplatz zurück schlagen. Dort wurde er mit einer JU 52 zur nächsten Sammelstelle gefolgen, wo er erst 20 Tage später den Metallsplitter voller Eiter entfernt bekommen hat. Hier hatte Anton Steinacher das große Glück, dass Adolf Hitler genau zu dieser Zeit (nach der bislang größten Panzerschlacht um Kursk) dringend benötige Divisionen von der Ostfront abzog und nach Italien schickte. Somit wurde im Prinzip auch Anton Steinacher das Schicksal erspart, nach seiner Heilung wieder dort ankämpfen zu müssen. Diese erneute Splittung der Truppen sorgte bei den ohnehin überlegenen Russen für weiteren Aufwind. Dennoch blieb es Anton Steinacher nicht erspart, einige Monate später wieder in die Ukraine zu müssen um den vergeblichen deutschen Rückzugskrieg im Süden zu ertragen.

Wie sich die zahlreichen Ereignisse und Umstände wirklich zugetragen haben, ist in diesem sehr detailreichen, historischen Webprojekt kostenlos nachzulesen.

Features und Funktionen der Feldpost-Website

Die Website ist mit WordPress aufgesetzt und verwendet ein Responsive Theme für eine optimale Darstellung und Navigation auf allen Screens und Bildschirmvarianten. Die Startseite zeigt zu Beginn in einer großen Slideshow ein digitalisiertes Originalfoto, auf welchem man Anton Steinacher (rechts im Bild) neben einem Kameraden stehen sieht.

Die Website verfügt über eine umfangreiche Suchefunktion, über welche man nach diversesten Daten (Datum, Ortschaften, Fronten, Kriegsschauplätzen, Feldpostnummern, etc …) auf der gesamten Website suchen kann. Zudem gibt es zur geographischen Orientierung eine eigene Google Map, auf welcher alle Standorte der Feldpostbriefe (wo und wann sie geschrieben worden sind) auf einem Blick zu sehen sind. Dies vermittelt einen Eindruck über das ungeheure Ausmaß der Erlebnisse von Anton Steinacher in diesen 5 Kriegsjahren von 1940 – 1945.

Zudem gibt es eine Feldpostbrief-Übersichtsseite, welche nicht nur die 38 Feldpostbriefe chronologisch sortiert abrufbar macht, sondern auch eine Zusammenfassung der gesamten Geschichte bereit hält. Zusätzlich zu den persönlichen Erlebnissen von Anton Steinacher finden sich auch eine Menge historische Ereignisse darin wieder, die mehr oder weniger in kausalem Zusammenhang mit ihm stehen könnten. Zusätzlich gibt es einige interessante Zusatzinformationen für Menschen, denen eventuell bei ihren Recherchen geholfen werden kann.

Ganz wichtig zu betonen ist, dass es sich hier nicht um ein kriegsrhetorisches Projekt handelt, sondern um faktenbasierte Aufklärungsarbeit, die möglichst nahe Einsicht in das Leben, die Denkensweise, Erlebnisse und Umstände vermitteln soll um zu verstehen, warum vielleicht einige Dinge so geschehen sind, wie sie eben passiert sind.

Zusätzlich sind ein paar kleinere Features eingebaut worden, um komplexe Zusammenhänge, wie zum Beispiel Frontbewegungen, besser und verständlicher darzustellen:

Wenn Sie mit dem Cursor über das Bild fahren oder mit dem Finger das Bild am Touchscreen berühren, zeigt es Ihnen eine Veränderung des Frontverlaufes an. Hier handelt es sich um die russische Dnepr-Karpaten-Operation von Dezember 1943 – April 1944, die der deutschen Wehrmacht maßgeblich zugesetzt, und zum Rückzug gewungen, hat.

Feldpostbriefe in digitaler Form

Alle 38 Feldpostbriefe sind inhatlich voll zu lesen, fotografiert, katalogisiert, recherchiert und historisch geprüft. Bei jedem Feldpostbrief sind zusätzliche Hintergrundinformationen (wie zB Feldpostnummer, Einheit, Standort, …) zu finden, wie zum Beispiel beim Feldpostbrief vom 3.Juli 1941 aus Ternopil. Hier ist beispielsweise auch eine Detailkarte zu den darin beschriebenen Truppenbewegungen zu finden:

Dieses Projekt hat in seiner Gesamtheit mit Sichrheit mehr als 1.000 Stunden Arbeitszeit in Anspruch genommen. Die technische Umsetzung der Website ist aber nur ein kleiner Teil davon. Bei Fragen dazu steht Markus Steinacher sehr gerne zur Verfügung.