Liebe Lisl!
Komme erst heute wieder dazu Dir zu schreiben. Danke Dir für das Paket und deinen lieben Brief. War nett von Dir, wo Du doch ohnehin schon einen Soldaten zu beteilen hast. Hätte früher nie geglaubt wie man sich als Soldat über ein Geschenk so freuen könnte und doch ist es so.
Wie Du richtig annimmst, bin ich mit dem Kommiß (= Heeresvorräte, Heeresvorratsversorgung) schon sehr bekannt geworden, nur noch nicht sehr eingewöhnt. Fredi ist da wohl schon weiter, wenn es überhaupt möglich ist. Bei Fredi ist es ja schon ein halbes Jahr, wie die Zeit vergeht, was? Du sprichst von Leibesübungen den ganzen Tag. Liebe Lisl, die Olympiade muss dagegen eine Spielerei sein, samt dem Marathonlauf. Vorgestern hatten wir zum Beispiel einen Bergmarsch auf den Zwiesel (1.782 Meter hoch) und Hochstaufen (1.771 Meter hoch) 1900 Meter hoch. Mit einer Schale Magermilchkaffee und einem Marmeladebrötchen im Magen ging es in voller feldmarschmäßiger Rüstung Gewehr über im Eilmarsch durch den Wald, Alm, Latschen, über Felsen zum Gipfel. In 3einhalb Stunden waren wir oben, trotz Gefechtseinlagen. Geschwitzt haben wir wie die Firmgöden und oben war ein Faden und ein Blasius. Nach kurzer Gefechtsbesprechung und Erklärung durch den Leutnant liefen wir in ¾ Stunden den ganzen Berg wieder hinunter. Dann waren wir richtig blau. Ich weiß nicht, ob du diesen Fachausdruck schon kennst. Militärisch heißt es „fertig“, und zwar ziemlich „total fertig“. Uns wurde gesagt, dies wäre erst der Anfang, was bis jetzt war, ist Infanterieausbildung und keine Hochgebirgsübung. Es war ein nebliger Tag und am Gipfel waren wir über den Wolken, herrlich zu fotografieren aber keine Zeit. Dann ging es wieder herunter wie in einer Waschküche durch den Wald mit mächtigen Urwaldtannen, wie im Märchen, aber keine Rast zur Bewunderung. Schöne Aufnahmen habe ich beim letzten Scharfschießen im Saalachtal gemacht und sende dir später welche. Weiß noch nicht ob die Bilder gut getroffen sind. Beim Schießen habe ich es gleich gesehen. Sechs Schuss – fünf Treffer. War aber auch herrliches Wetter und das ist sehr ausschlaggebend. Ist immer ein Rasttag zum Scharfschießen trotz ca. 20 km Hin- und Rückmarsch. Doch fällt das Auf und Nieder, Marschmarsch weg und trocken bleibt man auch.
Fredi geht es anscheinend etwas besser, nur hat er viel weiter heim jetzt aus St. Pölten. Möchte ihm heute auch noch schreiben, darum schließe ich für heute. Liebe Lisl, schreibe auch wieder einmal wie es Dir immer geht und was es Neues gibt. Hoffe dass du gesund bist und grüße herzlich Deinen Bruder. Toni
Der originale Feldpostbrief
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Weitere Infomationen zu diesem Feldpostbrief
Hier finden Sie Informationen zu den Erzählungen und Angaben von Anton Steinacher, die allesamt recherchiert worden sind. Folgende Informationen beschreiben die Orte, an welchen Anton Steinacher seine Gebirgsjäger Grundausbildung durchgeführt hatte.
Bergmärsche auf den Zwiesel und den Hochstaufen
Diese Abbildung zeigt den Zwiesel, den mit 1.782 Meter höchsten Gipfel des Staufen-Gebirges. Dieser befindet sich etwa 4 Kilometer in nördliche Richtung entfernt von der Kaserne.
Diese Abbildung zeigt den Hochstaufen, einen 1.771 Meter hohen Berg nördlich von Bad Reichenhall. Anton Steinacher musste in seiner Grundausbildung auch diesen Berg bezwingen.
Hochstaufen-Kaserne in Bad Reichenhall
Anton Steinacher absolvierte seine Gebirgsjäger Grundausbildung im Jahr 1940 in der Hochstaufen-Kaserne in Bad Reichenhall. Der Truppenübungsplatz liegt im Kirchholz und ist etwa 3 Kilometer von der Kaserne entfernt. Die Schießanlage befindet sich im Nesselgraben (Ortsteil Thumsee).
