Liebe Mutter!
Sei vor allem recht herzlich gegrüßt und vielen Dank für deinen lieben Brief. Ich hab diesen am Sonntag bekommen. Deinen Vorschlag, am Sonntag nach Deutschwald zu kommen, hätte ich natürlich gerne befolgt, aber wir dürfen, wenn wir mal Ausgang kriegen, aus dem Standort Wien ja nicht hinaus. Und dieser umfasst nur die 21 alten Bezirke. So hoffe ich du würdest am Sonntag herein ins Lazarett kommen. In diesem Falle wäre es gestern auch ungünstig gewesen, da gerade während der Besuchszeit Fliegerangriff über Wien und Alarm war. Ich hatte Luftschutz und war die ganze Zeit in einem anderen Gebäude zum Dienst eingeteilt. Wegen dem Grund deiner sofortigen Rückreise aus Stangental kann ich dein Ärgernis verstehen. Aber ich muss dir zum Trost sagen, auch ich habe mich heute sehr geärgert. Zur Befindung meiner Sehnenverkürzung musste ich zum Facharzt und dieser hat eine weitere Behandlung oder Operation abgelehnt. Es ist mir umso ärgerlicher, weil nur de Stabsarzt in unserem Lazarett zur Operation sogar geraten hat, schon mit Rücksicht auf das spätere Berufsleben. Nun kann man halt nichts machen und muss ich mich fügen. Wie lange ich nun noch im Lazarett und somit in Wien bleibe, weiß ich nicht. Wahrscheinlich muss ich gleich wieder zur Truppe. Gestern kamen Lazarettzüge an und schlafen wir Wiener infolge Überfüllung des Lazarettes ab heute daheim. Sei nun bitte so lieb und komme, wie du den Brief bekommst, gleich nach Wien zu Frau Lensky, die diese Woche ohnehin daheim ist. Vielleicht kann ich ja schon am Nachmittag vom Lazarett weg. Bring mir bitte auch das Hemd, wie ich dir sagte, mit, weil das andere ziemlich schmutzig ist. Alles andere dann mündlich und für heute grüß ich dich halt, liebe Mutter, nochmals recht herzlich und bin, wie immer, dein dankbarer Sohn Toni.
Viele Grüße auch an Familie Klugmeier.
Der originale Feldpostbrief
