Liebe Mutter!
Ich bin gestern Abends hier gut angekommen und muss mich langsam wieder an den Kasernenbetrieb gewöhnen. Bin vorläufig noch bei der Genesungskompanie aber ich bin ja schon wieder K. v. und komme nach der Arztvorstellung wieder zur Marscheinheit. Nun einige Tage bleibe ich schon noch in Landsberg. Am Weg vom Bahnhof habe ich schon ein paar Kameraden von der alten Kompanie getroffen. Hoffentlich werde ich mit ihnen abgestellt. An der Front ist es immer leichter, wenn man wenigstens einen alten Kumpel hat. Bin neugierig ob ich wieder nach dem Osten komme. Unsere Division besteht nicht mehr. Der Rest soll in Rumänien gefangen genommen worden sein. So ist es möglich, dass es diesmal nach dem Westen geht. Es ist aber ja egal. Die Hauptsache ist man kommt gut durch und ich werde schon auch diesmal Glück haben. Mache dir also meinetwegen nicht gar zu viele Sorgen. Mit Gottes Hilfe wird schon alles recht werden. Ich war so froh und glücklich, dass du mir den Gefallen gemacht hast und nach Stangental gefahren bist. So konnte ich auch nochmals die Lisl sehen. Freilich war die Zeit recht kurz, da ich erst Mittags aus dem Lazarett entlassen wurde. Ich sollte schon um 16 Uhr wegfahren. So hatte ich noch eine Menge Laufereien damit ich den Nachtzug benützen durfte. So hatte ich auch dann Zeit meine Sachen zu packen und mich reisefertig zu machen. Nachmittags kam auch die Brüni zur Frau Lensky. Wir gingen noch zu dritt ein wenig durch die Stadt spazieren und Abends in ein Gasthaus essen. Zum Abschied hat die Brüni die Lisl und mich noch zu sich auf eine Flasche Wein geladen, die wir bei einem letzten Plauderstündchen gemütlich leerten. Mir war recht schwer ums Herz, wie auch schon beim Abschied von dir, liebe Mutter im deutschen Wald, aber ich lies mir es nicht anmerken. Unser Leben ist halt ein ewiges Abschiednehmen, genau um Mitternacht ging mein Zug. So bin ich nun wieder hier und der Ernst des Lebens beginnt von neuem. Nun durfte ich heuer sowieso recht lange in der Heimat und unter euch sein. Und schließlich bleibt mir ja die Sehnsucht und Erinnerung und die gehören doch zu unseren größten Schätzen. Liebe Mutter, ich schließe für heute und schreib dir nochmals vor meiner Abstellung. Ich weiß nicht, ob du im Stangental bleibst, so schreib ich der Lisl extra. Bleib mir halt gesund vor allem und seid mit 1.000 innigen Küssen herzlichst gegrüßt von deinem dankbaren Toni.
Der originale Feldpostbrief
Informationen zu diesem Feldpostbrief
Aus diesem Feldpostbrief ist schwer zu erkennen was zwischen 26.Mai 1944 und dem 21. September 1944 passiert ist. Anton Steinacher dürfte in diesen vier Monaten ein drittes Mal verwundet worden sein. Er düfte wieder in Wien gewesen sein und nun wieder im Grenadier-Ersatz-Bataillon 457 (Genesungskompanie) in Landsberg an der Warthe dienen. Dieses Bataillon wurde jedoch am 15. Juli 1944 in das Grenadier-Ersatz- und Ausbildungs-Bataillon 457 umgewandelt.