Feldpostbrief vom 20.1.1943 – Im Osten – Ort unbekannt

Liebe Mutter und liebe Lisl!

Wie immer erstmal recht viele herzliche Grüße und hoffentlich seid ihr gesund und wohlauf. Mir geht es soweit auch noch ganz gut. Gesundheitlich wenigstens, bis auf meinen chronischen Husten. Viel ärger sind jedoch die dauernd nassen und kalten Füße, der wenige Schlaf und die Unmasse Läuse die uns beinahe schon fressen. Über meine Fahrt wieder nach dem Osten hab ich euch ja schon geschrieben und es werden die beiden Briefe ja schon in euren Händen sein. Seit 1. Jänner bin ich nun ja wieder im Einsatz. Wir lagen über zwei Wochen in einer Feldstellung, wo wir viel Posten stehen und Spähtrupp gehen mussten. Bei dem Regenwetter, Schneesturm und kalten Unterständen war es kein Spaß. Nun sind wir seit einigen Tagen sogenannter „Schnellzug“, d.h. Stoßtruppenreserve. Wenn irgendwo was los ist, werden wir in LKWs verladen und dann eingesetzt. Augenblicklich sind wir in Bereitstellung und liegen in sogenannten Finnenzelten fernab von irgendwelchen Ansiedlungen. Was eigentlich bevorsteht, weiß keiner. Nun es wird schon werden.

Wie geht es denn euch, liebe Mutter und Lisl? Ich hoffe nun ja auch bald von euch Post zu kriegen. Damit es schneller geht, lege ich euch Luftpostmarken bei, wir bekommen jetzt ja mehr davon. Ich sandte auch ein paar Pakete heim, hoffe dass sie ankommen. Habe auch wieder Rauchware gespart, aber vorläufig keine Gelegenheit zum schicken. Vielleicht werden wir aber mal auf einige Tage abgelöst. Über die Lage hier an der Front wisst ihr ja vielleicht besser Bescheid, als wir es im Großen und Ganzen hier erfahren. Wir erleben ja nur unseren unmittelbaren Abschnitt. Wie wird’s denn Roman und Fredi ergehen? Habt ihr Nachricht von ihnen? Hoffentlich ist es bei ihnen ruhiger als da bei uns.

Was gibt’s denn im Übrigen Neues? Was hört man von Purkersdorf und Romans Familie? Hat Frau Lensky mal geschrieben? War Lisl mal in Wien? Ist noch immer Fliegeralarm und wie stehts denn sonst um unsere schöne Heimat? Ach wie sehe ich mich schon wieder nach meinem Urlaub. Aber bis dahin ist es ja noch so furchtbar weit. Ich schreibe euch aber so oft ich kann. Meistens geht es allerdings nur flüchtig, wie auch diesmal. Schreibt mir halt bitte auch zurück, ich erwarte ja sehnlichst einen Brief von euch. Nun zum Schluss nochmals 1.000 innige Grüße und Küsse, euer dankbarer Toni

Der originale Feldpostbrief

feldpostbrief steinacher feldpostnummer 39017c
Fotografie des originalen Feldpostbriefes von Anton Steinacher vom 20.1.1943 - Feldpostnummer 39017c
feldpostbrief steinacher feldpostnummer 39017c
Fotografie des originalen Feldpostbriefes von Anton Steinacher vom 20.1.1943 - Feldpostnummer 39017c

Informationen zu diesem Feldpostbrief

Feldpostnummer 39.017 c

Dieser Brief wurde am 20. Jänner 1943 im Osten (Ort: unbekannt) verfasst. Die Feldpostnummer darauf (39017 c) kann mit dem Grenadier-Regiment 466 II.Bataillon in Verbindung gebracht werden. Die ergab eine Recherche im Feldpostnummer-Suchedienst des Deutschen Roten Kreuzes. Allerdings scheint in anderen Überlieferungen dieses Regiments diese Feldpostnummer nicht auf.

Eine andere Spur im Rahmen der Nachforschung weist darauf hin, dass sich Anton Steinacher seit der deutschen Sommeroffensive 1942 jedenfalls in der 257. Infanterie-Division befunden hat. Dies geht aus folgenden Zeilen hervor:

„Schließlich erreichte sie das Donezbecken zwischen Sslawjansk und Isjum. In diesem Raum kämpfte die Division anschließend bis Juli 1942. Im Juli 1942 wurde die Division aus der Front gezogen und nach Frankreich auf den Truppenübungsplatz Mourmelon verlegt, wo sie aufgefrischt wurde. Im September 1942 verlegte die Division in die Champagne und im Oktober 1942 in den Raum Brest am Atlantik.“

Die Ortschaften Sslawjansk und Isjum befinden sich Nahe Konstantinowka in der Ukraine, wo Anton Steinacher am 19.6.1942 jenen Feldpostbrief schrieb, bevor die Sommeroffensive startete. Wie vermutet, hat sich Anton Steinacher hier, im Juni 1942, in der 1. Panzerarmee der Heeresgruppe Süd in der Nähe von Donezk befunden. Die 257. Infanterie-Division wurde dann ab August 1942 nach Frankreich verlegt, wo sie für das restliche Jahr über verblieben ist. In historischen Überlieferungen ist davon die Rede, dass die 257. Infanterie-Division erst im April 1943 nach Russland zurück befohlen wurde, wobei nach diesem Brief das Grenadier-Regiment 466 II. Bataillon (als Teil der 257. Infanterie-Division) bereits am 1. Jänner 1943 in den Osten abberufen worden zu sein scheint.