Liebe Mutter und Schwester!
Danke Euch für Brief und Karte und erwidere herzlich Eure Grüße. Ich bin noch immer in der Schreibstube tätig und versehe diesen Dienst voraussichtlich noch drei bis vier Wochen. Habe mich bereits ganz gut eingearbeitet und soll jetzt den kommandierten Schreiber in seinem Urlaub vertreten. Mein Urlaub kommt dadurch erst nachher in Betracht und komme ich möglicherweise gerade über Weihnachten heim. Wäre nicht übel, aber es kann auch schon früher sein. Vielleicht wird das Wetter bis dahin besser. Hier schneit es seit Tagen ununterbrochen, doch geht der Schnee immer wieder weg. Nur im Schatten liegt er schon ganz tief. Im Allgemeinen ist es sehr neblig und sehr feucht und ich bin nicht bös im Trockenen sein zu können. Allzu lange wird es ohnehin nicht dauern, dann ist wieder Außendienst und nach dem Urlaub gleich die Abstellung. Dann geht’s wieder dahin und der Winter ist noch lange. Muss jetzt wieder an die Kameraden denken, die noch draußen sind. War es im Sommer kein Vergnügen und dann erst jetzt. Sehe jetzt öfter Russland in der Wochenschau, da wird alle Erinnerung wieder lebendig. Wir haben jede Woche einmal Kino und oft nach Varieté und Theater. Gestern haben wir den Film „Geyerwally“ gesehen, ein wunderschönes Stück mit herrlichen Naturaufnahmen. Ansonsten ist das Leben hier ziemlich einförmig. Das schlechte Wetter trägt noch das Nötige dazu bei. Aber die Zeit vergeht trotzdem schnell und im Nu ist eine Woche um. Das macht die viele Arbeit in der Schreibstube. Ist fast wie in Zivil beim Meinl, zu privaten Erledigungen kaum Zeit und Hasterei den ganzen Tag. Komme daher auch nicht zum Schreiben und setze erst heute, den 13. November, den Brief fort. Bin auch noch nicht dazu gekommen, Fredi und Roman zu schreiben, oder meinen Kameraden an der Front zu schreiben. Erhalte daher selber auch keinerlei Post. Die nächsten Tage will ich aber das Versäumte nachholen und bitte dich, liebe Mutter und Lisl, mir die Briefe von Düscher, Beer, Roman usw… her zu senden, dass ich sie auch beantworten kann. Bin schon gespannt, was sie schreiben und wie es ihnen allen geht. Werde mich mal einen Sonntag allein in der Schreibstube einsperren und allen schreiben, denn auf dem Zimmer ist ja nie die nötige Ruhe dazu. Ich schreibe Euch auch bald wieder und grüße Euch bis dahin mit 1.000 Küssen herzlich Euer Toni
Der originale Feldpostbrief
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Hochstaufen-Kaserne in Bad Reichenhall
Anton Steinacher absolvierte seine Gebirgsjäger Grundausbildung im Jahr 1940 in der Hochstaufen-Kaserne in Bad Reichenhall. Der Truppenübungsplatz liegt im Kirchholz und ist etwa 3 Kilometer von der Kaserne entfernt. Die Schießanlage befindet sich im Nesselgraben (Ortsteil Thumsee).