Liebe Mutter, liebe Lisl!
Vor einigen Tagen habe ich nur kurz eine Karte geschrieben und komme erst heute wieder dazu mehr zu erzählen. Vielen Dank für das Paket, habe große Freude. Die Socken passen sehr gut und auch die Filmekann ich gut brauchen. Die Landschaft ist jetzt herrlich, da schon viel Schnee liegt. Ist oft wie im Märchenland und fehlt nur die Zeit zum Schauen und Bewundern. Im Dienst hat sich noch nichts geändert und heißt es von frühen Morgen bis zum späten Abend schaffen. Jetzt ist halt alles noch schwieriger, weil tiefer Schnee liegt und hier im Gebirge es auch sehr kalt und windig ist. Wenn wir Skifahren dürften wäre es ja schöner, aber das kommt im Kriege bei Ersatztruppen nicht in Frage und so müssen wir alles marschieren wie im Sommer. Ist natürlich bedeutend ermüdender. Dazu kommt noch, dass man nass wird und meistens in der Kälte wieder länger stehen oder liegen muss. Oft gibt’s nur kaltes Essen, also kein Vergnügen diesen Winter und wir wünschen uns alle schon den Frühling herbei. Bin schon neugierig wie wir Weihnachten verbringen werden. Ein Teil bekommt ja Urlaub, aber in erster Linie Verheiratete, und nur ein Teil davon wird heimfahren können. Ich will nur, wenn ich nicht Urlaub bekomme, die Ski schicken lassen und falls möglich in der Umgebung unserer Kaserne Abfahrten machen. Ist halt umständlich mit dem Hersenden und wo ich nicht weiß wie lange wir noch in Reichenhall bleiben. Bei einer eventuellen Abstellung oder Versetzung zu einem anderen Truppenkörper muss ja alles Hals über Kopf heimgeschickt werden. Also ich bin noch ganz unschlüssig was ich machen soll, und was gescheiter wäre.
Vor Kurzen war Roman bei mir zu Besuch. Er ist von einer Dienstfahrt von Salzburg nach Reichenhall gekommen. Leider war es inmitten der Woche und konnte nur ein paar Stunden hier bleiben. Wir haben ausgemacht, dass er einmal über den Sonntag kommen soll, inzwischen ist er aber, wie ihr sicher schon wisst, auch eingerückt. Wohin wohl, da bin ich schon sehr neugierig. Fredi hat mir geschrieben, dass er wieder wegkommt von Aspern und möglicherweise nach Hohenberg kommt. Das wäre für ihn natürlich von großem Vorteil. Hoffentlich kriegt er Weihnachtsurlaub und kann heimfahren. Roman kann auf keinen Fall damit rechnen, da er zu kurz beim Militär ist und bei mir hängt es sehr in der Luft.
Auf jeden Fall wünsche ich Dir, liebe Mutter, und auch der Lisl und dem Fredi recht frohe Weihnachten. Somit verbleibe ich mit vielen Grüßen. Euer dankbarer Toni
Der originale Feldpostbrief
Der gesamte Original-Feldpostbrief ist als Datei nur auf Anfrage und Begründung erhältlich.
Weitere Infomationen zu diesem Feldpostbrief
Hier finden Sie Informationen zu den Erzählungen und Angaben von Anton Steinacher, die allesamt recherchiert worden sind. Folgende Informationen beschreiben die Orte, an welchen Anton Steinacher seine Gebirgsjäger Grundausbildung durchgeführt hatte.
An diesem Tag, den 15.12.1940, als Anton Steinacher diesen Feldpostbrief verfasste, wurde sein künftiges Infanterie-Regiment 207 aufgestellt. Wie im Feldpostbrief vom 22.12.1940 zu lesen, wurde Anton Steinacher aber erst nach dem 22. Dezember in das neue Regiment überstellt. Im darauf folgenden Feldpostbrief vom 21.2.1941 änderte sich der Absender des Briefes durch die Feldpostnummer 11.649 C, welche dem Stab II. Bataillon des Jäger-Regiment 207 / 7. Kompanie, unter Oberst Alfred Philippi, zugeordnet wurde. Was hier etwas verwirrend ist, ist der Umstand, dass das Jäger-Regiment 207 mit der Postnummernzuteilung 11.649 C erst am 6. Juli 1942 entstanden ist. Aber auf dem Briefumschlag vom 21.2.1941 stand schon diese Zuweisung.
Hochstaufen-Kaserne in Bad Reichenhall
Anton Steinacher absolvierte seine Gebirgsjäger Grundausbildung im Jahr 1940 in der Hochstaufen-Kaserne in Bad Reichenhall. Der Truppenübungsplatz liegt im Kirchholz und ist etwa 3 Kilometer von der Kaserne entfernt. Die Schießanlage befindet sich im Nesselgraben (Ortsteil Thumsee).