Liebe Mutter und liebe Lisl!
Ich grüße euch herzlich und danke Euch für das Paket. Die Bäckerei hat herrlich gemundet und die Unterhose sowie die Socken sind schön warm. Danke Dir auch, liebe Mutter, für Deinen Brief und das Geld. Hättest aber nicht gleich 20 Mark schicken sollen, kannst du es ja auch gut brauchen. Doch werde ich schon sehr sparsam damit sein und nichts beim Fenster hinaus werfen. Bin sehr froh dass du auch Filme bekommen hast. Hier fotografieren viele Soldaten und daher sind alle Fotogeschäfte überrannt. Man muss auch auf die Bilder ziemlich lange warten. Sende Euch auch wieder einige Aufnahmen, die mir mehr oder minder gelungen sind, als Andenken an meine Rekrutenzeit. Sende Euch später wieder solche, allerdings schon von draußen, denn wir werden ja bald ins Feld abgehen. Eine Feldabstellung erfolgte bereits diese Woche von uns Rekruten und ich bin vorläufig nur durch einen Zufall noch nicht dabei. Ich war mit meinem Furunkel noch im sogenannten Innendienst. Da braucht man nicht ausrücken, solange man marod ist, hat aber in der Kaserne fest zu schaffen. Entweder in der Waffenkammer, der Kleidungskammer, beim Gsurier (das ist der Mann welcher Brot, Handtücher und Wäsche ausgibt), meistens heißt er aber Kartoffelschäler. Also ich war wieder einmal mit einem Abszess krank und in der Küche beschäftigt. War sehr viel Arbeit und wie ich mit Verspätung auf unsere Stube komme, war gerade die Einteilung der Feldabgestellten vorüber. Bleibe also vorläufig noch mit einigen Maroden weiter in der Kaserne, aber kaum lange noch, denn ständig gehen Soldaten an die Front ab und dann kommen immer wieder neue Rekruten. Wir rechne so mit der nächsten Woche, möglich aber dass es noch länger dauert. Mit einem Urlaub ist es aber auf keinen Fall etwas. Da müssen wir schon noch warten. Vorige Woche sind viele Gebirgsjäger aus Frankreich zurückgekommen und von dieser hiesigen Bevölkerung feierlich empfangen worden. Logisch, dass diese zuerst Urlaub kriegen.
Liebe Mutter, stricke mir keine Schneehaube da wir eine solche gefasst haben und eine andere, als vom Militär nicht tragen dürfen, vorläufig wenigstens nicht. Aber um Socken wäre ich Dir schon sehr dankbar, da diese schon sehr strapaziert sind, besonders durch das Waschen mit kalten Wasser und Bürste diese sehr hergenommen werden. Bitte Dich auch um einige Batterien für eine Stabtaschenlampe und eine oder zwei Kerzen.
Sonst hätte ich keine Schmerzen, bis auf meinen Bronchialkatarrh und die ewigen Furunkel. Eines verheilt und ein anderes kommt wieder. Die Krampfadern und das Brustbein beachte ich gar nicht mehr. Nach langen Märschen spüre ich nur meine Fußballerverletzung, die mir noch kurz vorm Einrücken beim Betriebssport passiert ist. Sieht aus wie ein G’frerballen und wird mir schon bleiben. Die Hauptsache ist jetzt nur, dass nicht noch mehr dazu kommt. Doch darf auch das einen Krieger nicht erschüttern. Hoffentlich bist auch du liebe Mutter und auch die Lisl gesund und bleibt es auch. Sende Euch also, bis ich wieder schreibe, viele viele Grüße und bleibe in Dankbarkeit Euer Toni
P.S.: Viele Grüße auch an Fredi, falls er über Sonntag heimkommen sollte.
Der originale Feldpostbrief
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Weitere Infomationen zu diesem Feldpostbrief
Hier finden Sie Informationen zu den Erzählungen und Angaben von Anton Steinacher, die allesamt recherchiert worden sind. Folgende Informationen beschreiben die Orte, an welchen Anton Steinacher seine Gebirgsjäger Grundausbildung durchgeführt hatte.
Hochstaufen-Kaserne in Bad Reichenhall
Anton Steinacher absolvierte seine Gebirgsjäger Grundausbildung im Jahr 1940 in der Hochstaufen-Kaserne in Bad Reichenhall. Der Truppenübungsplatz liegt im Kirchholz und ist etwa 3 Kilometer von der Kaserne entfernt. Die Schießanlage befindet sich im Nesselgraben (Ortsteil Thumsee).